Ein (fast) unpolitischer Bericht über Israel – und warum du einfach mal was Verrücktes tun solltest!

In den Herbstferien habe ich mich für den ersten Teil eines Deutsch-Israelischen Austauschprogramms auf die Reise in ein wunderschönes, winzigkleines Land gemacht, dessen Einwohnerzahl gerade Mal die Hälfte von NRW ausmacht. Das Ganze wurde von der LGBTQ+ Organisation GAP organisiert, welche hier in Bonn Beuel ihr Jugendzentrum hat. Am 5. Oktober ging es los, ich traf mich mit acht bis dahin noch wildfremden Jugendlichen, nur um am Tag darauf weitere neun wildfremde Jugendliche kennenzulernen mit denen ich die nächsten zwei Wochen verbringen würde – in einem Land in dem ich noch nie war, in dem eine Sprache gesprochen wird, die ich nicht beherrsche und über das ich zugegebener Maßen gar nicht so viel wusste… Raus aus meinem Alltag, raus aus der Routine, raus aus meiner eigenen kleinen Bubble. Ja, das war waghalsig, vielleicht sogar ein bisschen verrückt und ich würde es immer wieder tun!

Nur eine Sache fiel mir auf als ich zurückkam nämlich, dass Viele meine Zeit dort nur auf die politische Aussagekraft zu reduzieren schienen. „Hast du denn viel vom Palästinakonflikt mitbekommen?“ „Hattest du Angst?“, „Wurdest du als Deutsche sehr schräg angeschaut?“ und so weiter, und so fort. Versteht mich nicht falsch, der ganze Austausch war ja unglaublich politisch. Allein das unsere Gruppe aus Deutschen und Israelis bestand oder der Fakt, dass wir alle queer waren hob uns klar von unserer Umgebung ab. Dennoch bin ich der Meinung, dass jedes Land mehr ist als nur die Regierung, die es leitet oder der Konflikt, den die Medien gerne aufbauschen. Dieser Artikel beleuchtet deswegen ganz bewusst die anderen Seiten von Israel. Hier also drei (fast) unpolitische Dinge über Israel, die ich nur dadurch gelernt habe, dass ich wirklich dort war:

1. In Tel Aviv ist der öffentliche Verkehr am Samstag kostenlos! Tel Aviv ist die Stadt in der wir auf unserer Reise die meiste Zeit verbracht haben, und als ich am ersten Abend von der Dachterrasse unseres Hostels einen Blick auf die nächtliche Stadt warf, fühlte es sich tatsächlich an als wäre ich in Dubai oder in New York. Die Skyline, gespikt mit modernen und hohen Glasgebäuden raubte mir von Anfang an den Atem. Tel Aviv entpuppete sich als Metropole für Fortschritt und Akzeptanz, mit Pride Flags an jeder Ecke, breiten Fahrradwegen durch die city und E – Rollern mit integriertem Helm (Das macht das ganze schon so viel sicherer!). Und die größte Überraschung : Kostenfreier ÖPNV am Schabbat! Der Schabbat ist der siebte Tag im Judentum, ein Ruhetag wie es in Deutschland der Sonntag ist. Das bedeutet auch, dass man vom Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am Samstag nicht Einkaufen oder Shoppen gehen kann, denn im jüdischen Kalender dauert der Tag vom Abend des Vortags bis zum Abend des Tages. Ganz zum Missfallen unserer Austauschpartner:innen fahren im Großteil Israels am Schabbat auch keine Busse. Die einzige Ausnahme zu dieser Regel, die lebendige Metropole! Dort ist die Nutzung des ÖPNV’s sogar kostenlos für alle Menschen.

2. Israelis lieben Regen (und Bäume) Ich erinnere mich noch gut den Nachmittag an dem wir alle im IGY Zentrum (das IGY ist unsere israelische Austauschorganisation) an einem Workshop zum Thema Identität teilnahmen. Wie wohl alle Jugendlichen die über kürze oder längere Zeit kognitiv gefordert werden waren wir super müde, träge und unmotiviert… Na gut, ich gebe zu, bis spät in die Nacht noch den Mehane Yehuda Markt zu erkunden war vielleicht auch ein Grund für unsere Erschöpfung. Doch dann ganz still, ganz sanft fing es an zu regnen. Für mich war das kein großes Ereignis, „Na toll davon gibt’s doch genug Zuhause“, dachte ich mir nur, bis ich bemerkte wie sich der müde Ausdruck unserer Austauschpartner:innen zu dem von vorfreudigen Kindern an Hanukkah verwandelte. Denn es handelte sich bei den Tropfen um Yoreh (יורה), den ersten Regen. In Israel ein Ausdruck von Gottes Liebe, der die Erde begrünt und Leben schenkt. Tal, eine:r der Beteiligten beteuerte mir auch sich am Meisten auf die „vielen grünen Bäume“ in Deutschland zu freuen 🙂

3. Vegan in Israel? זו לא בעיה! (zo lo be’ayah! – Das ist kein Problem!) In Israel treffen die drei großen monotheistischen Religionen zusammen: Judentum, Christentum und Islam. Diese haben natürlich alle verschiedene Essensgebote und auch kulturell bedingte Essgewohnheiten. Wie zum Beispiel kein Schweinefleisch zu essen, oder sich nur helal zu ernähren. Als ein Land, das überwiegend aus Immigranten besteht treffen hier Küchen aus der Welt aufeinander. Wie gut sich das auf das Angebot für Vegetarier:innen und Veganer:innen auswirkt konnte ich jedoch nicht ahnen. Egal ob in den Cafes, die Milchalternativen ohne Aufpreis anbieten, Restaurants in denen wir zu Abend aßen oder beim Frühstücksbuffet im Hostel, überall wurden wir positiv überrascht! Die Multikulturalität sorgte für ein unglaublich leckeres und diverses Reiseerlebnis. Ich hatte schon Angst mir würde in Deutschland nichts mehr schmecken!

Also, in den Herbstferien habe ich mich für den ersten Teil eines Deutsch-Israelischen Austauschprogramms auf die Reise in ein wunderschönes, winzigkleines Land gemacht… und ich habe so, so viel mitgenommen. Freundschaften, Erinnerungen und Erkenntnisse. Na dann, wann lässt du dich auf was Verrücktes ein?

Israel – Allgemeine Infos

  • Einwohnerzahl: 9.5 Millionen
  • Sprachen: Die Amtssprache ist Häbräisch, allerdings sind alle wichtigen Informationen (z.B. Straßenschilder, etc.) meist auch auf Arabisch und Englisch geschrieben.
  • Hauptstadt: Die Antwort auf die Frage nach der Haupstadt fällt je nachdem wen man fragt unterschiedlich aus. Der Staat Israel selbst erklärt Jerusalem zu seiner Haupstadt, allerdings wird dies von den meisten Ländern, darunter auch Deutschland nicht anerkannt. Auf Jerusalem erhebt nämlich auch der palästinensische Staat Anrecht, weshalb in der Stadt große Anpannung herrscht. Tel Aviv-Jaffa ist die allerdings die allgemeine Handelshauptstadt und tatsächlich die queerste Stadt der Welt!
  • Lage: Geographisch zählt das Land zu Vorderasien, geologisch aber zu Afrika, da es auf der afrikanischen Kontinentalplatte liegt. Israel grenzt an das rote Meer und das Mittelmeer und beherbergt das „Tote Meer“, das aber gar kein Meer sondern ein See ist! (Dun Dun DUN!) 60% des Landes ist von der Negev Wüste bedeckt, dennoch leben nur erstaunliche 10% der Bevölkerung dort.
  • Religionen: Israel ist der einzige Staat mit einer mehrheitlich jüdischen Bevölkerung und wurde gegründet, damit Juden ihren Glauben so strikt oder locker leben können wie sie wollen, ohne auf ihre religiöse Identität reduziert zu werden. 2005 waren insgesamt 75,4 % der Bevölkerung Juden, 16,9 % Muslime und 2,0 % Christen. Die restlichen 5,7 % waren entweder nicht religiös oder gehörten zu kleineren religiösen Gemeinschaften, wie den Bahai oder den Drusen.
  • Wichtige Feiertage: Wir waren über Sukkot in Israel, einem Feiertag an dem der Wanderschaft Abrahams gedacht wird. Hanukkah, das bekannte jüdische Lichterfest beginnt im Dezember dauert 8 Tage an. Der wichtigste Feiertag ist allerdings der Versöhnungstag „Jom Kippur“, an dem der Versöhnung zwischen Gott und den Menschen gedacht wird.

Na, neugierig geworden?

Wie geht’s weiter? Für den zweiten Teil kommen unsere Austauschpartner:innen über die Osterferien zu uns. Wir werden uns ordentlich ins Zeug legen ihnen das wunderschöne Bonn zu zeigen 😉

Du bist queer und suchst nach einem Ort um Leute aus der Community kennenzulernen? Interesse am GAP? https://www.queere-jugend-nrw.de/projekte/gap-in-bonn Insta: gap_in_bonn

Artikel und Bilder: Maria Hauser

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