Kommt ihr noch klar???

Schüler des Helmholtz-Gymnasiums klauen schamlos.

Dies ist eine Geschichte von Hinterlist und Achtlosigkeit. Von Fremdscham. Und von grenzenloser Dreistigkeit. Sie wird einige wütend machen oder fassungslos. Andere wird sie vielleicht zum Nachdenken anregen. Hoffen wir.

Die Geschichte beginnt mit einem Menschen. Keiner weiß, wer diese Person ist, denn keiner hat nachgefragt. Und es ist auch nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass Menschen nicht perfekt sind. Und manchmal begehen Menschen Unachtsamkeiten.

So auch Person X.

Wie viele wissen, gibt es einen Snackautomaten bei uns im Oberstufenraum, an dem wir Schüler uns Süßigkeiten und Getränke kaufen können – und manchmal auch der ein oder andere Lehrer, der sich mit verstohlenem Blick in den Raum schleicht und denkt, wir würden ihn nicht sehen.

So ein Automat ist natürlich eine feine Sache. Wir müssen nicht darauf achten, wann der Kiosk besetzt ist und wir müssen nicht anstehen.

Da der Automat also immer gut besucht ist, hat Person X sich an diesem einen Tag aufgemacht, den schon halbleeren Automaten neu zu befüllen. Eine Tätigkeit, für die besagte Schüler und Lehrer der Person X wohl eigentlich sehr dankbar sein sollten.

Doch wie ich schon erwähnt habe, sind Menschen nicht perfekt. Und die Dreistigkeit und Schamlosigkeit, mit der meine Mitschüler diese eine kleine Imperfektion ausgenutzt haben, macht mich immer wieder für einen Moment sprachlos.

Wie sich herausstellte ist der metallene Schrank, der neben dem Automaten steht, wohl der Nachfüllbunker an Snacks und Süßigkeiten. Und eben diesen hat Person X vergessen abzuschließen. Was daraufhin geschehen ist lässt sich nur schwer in Worte fassen. Aber lasst mich versuchen, es zu erklären.

Zuerst einmal wurden Bilder gepostet. Bilder vom offenen Schrank mit einer Überschrift vom Kanon: „OMG KOSTENLOSE SÜSSIGKEITEN OMG!“

Daraufhin kamen immer mehr Menschen in den Raum, sagten Dinge wie „Ich hab da was gehört…“, und öffneten den Schrank. An diesem Punkt war das meistgehörte Wort im Stimmengewirr: „Ohaaaaaaa!“

Aber dann kam man nicht auf die Idee, vielleicht dem Hausmeister Bescheid zu sagen. Nein. Man hat sich bedient. Einfach so. Ganz nach dem Motto: „Es ist kein Schloss davor? Keiner sieht mich? Na dann spricht ja nichts dagegen, mich am Eigentum fremder Menschen zu vergreifen!“

Ich würde diese Leute gerne fragen: Wenn die alte Frau auf der anderen Straßenseite das PickUp in der Hand gehabt hätte, hättet ihr es euch dann auch einfach genommen? Habt ihr es wirklich so sehr gewollt? Hat es wenigstens geschmeckt? Ich frage mich, wie Schamgefühle schmecken. Oder ein schlechtes Gewissen. Ich frage mich, wie ich weiterhin mit Schülern in einem Kurs sitzen soll, die bewiesen haben, dass sie keinerlei Respekt haben vor moralischen Prinzipien. Menschen, die, wenn man sie darauf anspricht, nur abwehren mit dreckigen Argumenten wie „Ja, sollen die halt nicht den Schrank auflassen.“

Aber das ist Quatsch. Person X ist an dieser Stelle längst raus. Sie hat nichts mehr damit zu tun, was hier passiert.

Kurze Zeit später wurde der Oberstufenraum dann geschlossen. Es hieß: Der Automat kommt weg, es sei denn, die Täter stellen sich. Was natürlich illusorisch ist. Wer so verfahren ist in seiner Unverfrorenheit, der stellt sich nicht. Der wartet darauf, dass Stimmen laut werden: „Kollektivstrafe! Das ist unfair! Das könnt ihr nicht machen!“

Klar. Natürlich ist das unfair. Aber so läuft das nun einmal an einer Schule und in einer Stufe. Wenn ein kleiner Teil Mist baut, sind alle dran. So war das schon immer. Langsam solltet ihr euch daran gewöhnt haben.

Trotzdem wurde dann ein Arrangement getroffen. Wenn die Summe von 106€ (Einhundertsechs Euro! Dafür kann man von Istanbul nach Hamburg fliegen!) bis zu einem bestimmten Tag anonym bei Herrn Hennes oder der SV eingegangen ist, dann bleibt der Automat.

Was in meinen Augen eine Frechheit ist. Anstatt Konsequenzen walten zu lassen und vielleicht einmal ein Machtwort von offizieller Stelle zu sprechen (zum Thema Verantwortung und Respekt etwa), wird hier ein Angebot aufgestellt, mit dem sich die betreffenden Schüler aus ihrem Problem herauskaufen können. Ganz ohne Verantwortung tragen zu müssen. So leid es mir tut, das einzige Wort, das mir dazu einfällt, ist „korrupt“…

Doch natürlich ist auch auf dieses Angebot fast niemand eingegangen. Ich weiß nicht, wie viel Geld zurückgezahlt worden ist. Aber es war zu wenig. Wodurch wieder einmal bewiesen wäre, dass wir es hier mit einer ganz besonderen Form der Dreistigkeit zu tun haben. Mit Schülern, die nicht einmal bei vollkommener Anonymität vor sich selbst eingestehen können, dass sie einen Fehler begangen haben.

Dabei sind Fehler doch menschlich, wisst ihr noch? Und man kann darüber reden und daraus lernen. Das hat man mir zumindest damals in der Grundschule noch erklärt.

An dieser Stelle endet die Geschichte. Wenn auch noch längst nicht alles gesagt ist.

– Katja, Q1

3 Kommentare

  1. Leider sehr wahr. Leider sehr traurig. Aber wer als Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstanden hat, dass Diesstahl eine Straftat ist und keine kleine Bagatelle, und dass es eigentlich nur noch darum geht wie er/sie sich in ein paar Jahren mit etwas Abstand selbst sieht, nämlich mit großer Scham, der hat nicht vetstanden was er/sie vorallem sich selbst antut. So ein Looser kann ja keiner freiwillig sein wollen. Da die Leute sich sehr wahrscheinlich gegenseitig kennen und früher oder später alles rauskommt, dürfte das noch sehr viel peinlicher für einige werden. Ich wünsche trotzdem alles Gute für eine halbwegs gelungene Biografie!

  2. HR. Holstein

    Ein guter Artikel, der den Kern der Sache trifft, wenngleich ich das Wort „korrupt“ im Zusammenhang mit einem Entgegenkommen der Schulleitung (?) unpassend finde. Da würde ich eher mal davon ausgehen, dass es ein Angebot war, die Sache ohne strafrechtliche Konsequenzen zu regeln, insofern sich der/die Täter reuig zeigen und zumindest den entstandenen materiellen Schaden kompensieren.

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